Quantencomputer aus Silizium werden realistisch

Schaltkreis

Silizium zu verarbeiten ist dank der Halbleiter-Technologie schon seit Jahrzehnten perfektioniert und ist unproblematisch herzustellen. Dass jetzt ein Quantenmodul auf dieser Grundlage entwickelt wurde, bringt die Quantencomputer-Technologie weit nach vorn. Leider benötigt das neue Quantenmodul noch immer eine starke Abkühlung des Materials nahe dem absoluten Nullpunkt, um die Reaktionsfreudigkeit der Elektronen zu senken, damit der sensible Quantenzustand nicht gestört wird.

Trotzdem kommt diese Q-Bit-Spin-Variante mit wesentlich besseren Temperaturen von ungefähr 1 K (Kelvin) oder auch (-272,15 °C) aus, im Gegensatz zu den supraleitende Q-Bit-Varianten die Temperaturen von 20 mK (-273,13 °C) benötigen. Außerdem schätzen die Forscher die Temperatur nochmal drastisch verbessern zu können, auf -269 °C. Der Unterschied mag sich gering anhören, es ist aber in diesen niedrigen Temperaturen ein massiver Unterschied. Das ist wie mit den Höchstgeschwindigkeiten bei Autos. Die zusätzlich benötigte Energie um von 300 auf 310 km/h zu kommen, ist vergleichbar mit der Energie um von 100 auf 200 km/h zu beschleunigen. Je näher am extremen, desto größer der Unterschied! Ein weiterer Vorteil der Q-Bit-Spin-Variante ist die Platzeinsparung, da die Q-Bits auf sehr viel geringerem Raum eingefangen werden können, als bei den supraleitenden Q-Bit-Varianten.

Was genau haben die Wissenschaftler da für ein Modul gebaut? Es ist ein CNOT-Schaltgatter. Auch klassische Computer benutzten logische Schaltgatter zur Berechnung, unter anderem auch ein "kontrolliertes Nicht" (CNOT). Dieses Gatter negiert bzw. invertiert ein eintreffendes Signal von 1 zu 0 oder von 0 zu 1, allerdings nur wenn am "controlled" Input (Steuerbit) eine 1 anliegt. Liegt an diesem Input eine 0, dann wird das eigentliche Eingangssignal nicht invertiert, dadurch hat man die Funktionalität ein Signal kontrolliert (nach Bedarf) ins gegenteilige Signal umzuwandeln.

Ein solches logisches Gatter wurde nun für Quantenzustände realisiert. Es invertiert kontrolliert einen Quantenzustand. Wie funktioniert das genau? Im Prinzip werden Drähte unter Spannung gesetzt, die ein elektrisches Feld in (durch Silizium) isolierten Bereichen erzeugen. Mit Hilfe dieser Felder lassen sich dann Elektronen in sogenannten Quantenpunkten einfangen. Die Quanteneigenschaften bekommen die Elektronen durch ihren Eigendrehimpuls. Durch einen Magneten kann dieser Drehimpuls manipuliert werden, ohne dass der Quanten-Zustand zerstört wird. Die Zustände 1 und 0 werden, durch die Möglichkeit den Eigendrehimpuls parallel oder antiparallel zum Magnetfeld auszurichten, dargestellt.

Die Idee auf unterschiedliche Zustände zu schließen, ohne den eigentlichen Quantenzustand zu zerstören liegt darin, dass sich die Elektronen in unterschiedlichen Quantenpunkten aufhalten können. Durch minimal unterschiedliche Spannung in den Drähten können die elektrischen Felder für die Elektronen unterschiedlich schwer passierbar sein, so dass sie ein bestimmtes Energieniveau benötigen, um dorthin zu gelangen. Dem Elektron, welches das Steuerbit repräsentiert, wird durch Mikrowellen Energie zugeführt, um es in den Zustand 1 zu bringen. Das eigentliche Elektron mit dem Inputsignal benötigt die zusätzliche Energie des Steuerbit-Elektrons, um durch die Barriere in den nächsten Quantenpunkt zu gelangen, wodurch die Örtlichkeit, in dem es sich befindet, seinen Zustand repräsentiert. Außerdem ist das Energieniveau des Elektrons auch von seiner Entscheidung der Ausrichtung seines Eigendrehimpulses abhängig, denn die Spannung, welche die Barriere erzeugt, ist so exakt eingestellt, dass die kombinierte Energie des sich in der Nähe aufhaltenden Steuerbits und die parallele Ausrichtung des Drehimpulses an dem Magneten exakt die Energie erzeugt, die das Elektron benötigt, um die Barriere zu überwinden.

Die beiden Elektronen bilden also gemeinsam einen Quantenzustand, der die 4 möglichen Zustände 00, 01, 10 und 11 überlagert. Dabei wird durch die angelegte Spannung die Barriere so exakt eingestellt, dass der Aufenthaltsort der Elektronen abhängig von ihrem Energieniveau ist. Dieses wiederum ist vom Eigendrehimpuls abhängig, wobei parallele Ausrichtung mehr Energie besitzt als Antiparallele. Da beide Elektronen zusammen als eine Art Welle betrachtet werden können und ihre Energie (oder auch ihre gemeinsame Wellenlänge) gemeinsam betrachtet wird, ist der Zustand des Steuerbits ausschlaggebend für die notwendige Energie den Quantenpunkt zu verlassen und durch die Barriere in den nächsten Quantenpunkt zu tunneln.

Mit einem solchen logischen Quantengatter ist ein wesentlicher Grundstein für Quantenberechnungen gelegt. Jetzt müssen nur noch die Fehlerquote und die Kühlungstemperatur gesenkt werden und schon haben wir ein massenproduktionstaugliches Quantenmodul, welches mit nahezu beliebig vielen Q-Bits rechnen kann.


Nachtrag: Auch Welt der Physik und Heise haben dieses Thema nochmal sehr anschaulich beschrieben!